Warum Katzen zur Gefahr für Wildtiere werden
Hauskatzen sind seit Jahrhunderten geschätzte Begleiter des Menschen unabhängig, verspielt, anpassungsfähig und mit einem außergewöhnlich ausgeprägten Jagdtrieb. Viele Halter kennen das Phänomen: Die Katze bringt regelmäßig tote Mäuse, kleine Vögel oder andere Tiere mit nach Hause oft als vermeintliches „Geschenk“. Was für den Menschen skurril oder unangenehm sein mag, hat für die Tierwelt dramatische Folgen.
Freigänger-Katzen töten allein in Deutschland jedes Jahr schätzungsweise bis zu 200 Millionen Vögel. Hinzu kommen unzählige Kleinsäuger wie Mäuse, Eichhörnchen, junge Kaninchen und sogar Igel. Besonders gefährdet sind geschwächte oder noch unerfahrene Tiere, etwa Jungvögel, die gerade flügge geworden sind. Diese sind leicht zu überraschen und haben den Jägern kaum etwas entgegenzusetzen. Anders als wilde Raubtiere jagen Katzen nicht nur aus Hunger, sondern auch aus Langeweile oder Spieltrieb. Dadurch töten sie deutlich mehr Tiere, als sie zum Überleben bräuchten. Für Arten, die ohnehin durch Umweltveränderungen unter Druck stehen, kann dieser zusätzliche Verlust ernsthafte Folgen haben, etwa wenn Brutpaare gestört werden oder Jungtiere sterben, bevor sie sich selbst fortpflanzen können.
Katzen bewegen sich nahezu lautlos durch die Vegetation. Ohne auffällige Merkmale, ohne Geräusche schleichen sie sich durchs Gras, klettern auf Bäume und verstecken sich in Sträuchern. Für viele Tiere sind sie unsichtbare Bedrohungen, die aus dem Nichts auftauchen. Das macht sie besonders gefährlich für eine ohnehin bedrohte Tierwelt, deren Lebensräume durch Bebauung, Landwirtschaft und Klimawandel zunehmend geschrumpft sind.
Was Katzenhalter tun können: Verantwortung für Tier und Natur übernehmen
Trotz ihres Jagdverhaltens können Katzen selbstverständlich weiterhin ein erfüllter Teil unseres Lebens sein ohne dass sie der Umwelt übermäßig schaden. Es gibt eine Vielzahl erprobter und einfacher Maßnahmen, mit denen man den Jagdtrieb von Katzen reduzieren und gleichzeitig die heimische Tierwelt aktiv schützen kann.
1. Glöckchenhalsbänder oder bunte Halsbänder verwenden
Eine der effektivsten und gleichzeitig einfachsten Maßnahmen ist das Anlegen eines Halsbands mit Glöckchen. Dieses erzeugt bei jeder Bewegung der Katze ein leises Klingeln genug, um Vögel und andere Tiere zu warnen. So haben sie eine deutlich bessere Chance, rechtzeitig zu fliehen. Zusätzlich erhöhen bunte Halsbänder die Sichtbarkeit der Katze im Grünen. Vögel erkennen auffällige Farben schneller als natürliche Tarnfarben, was ihre Überlebenschancen weiter erhöht.
Studien haben gezeigt, dass solche Halsbänder besonders effektiv sind, wenn es darum geht, die Zahl getöteter Vögel zu reduzieren. In manchen Fällen sank die Anzahl der getöteten Tiere um mehr als 40 Prozent. Dabei ist es wichtig, auf ein sicheres, elastisches oder mit Sicherheitsverschluss versehenes Halsband zu achten, das sich bei Gefahr von selbst öffnet, um Verletzungen zu vermeiden.
2. Freigang zur richtigen Tageszeit einschränken
Katzen müssen nicht den ganzen Tag draußen sein, um zufrieden zu sein. Besonders in sensiblen Phasen wie der Vogelbrutzeit in Mitteleuropa meist zwischen Mitte Mai und Mitte Juli lohnt es sich, den Freigang gezielt zu steuern. In den frühen Morgen- und Abendstunden sind viele Jungvögel am aktivsten, hüpfen auf dem Boden umher oder üben erste Flugversuche. Gerade dann sind sie leichte Beute für Katzen.
Indem man Katzen zu diesen Tageszeiten im Haus behält, lässt sich die Zahl der getöteten Tiere deutlich reduzieren. Der Freigang kann stattdessen in ruhigeren Mittagsstunden erfolgen, in denen deutlich weniger Jungvögel unterwegs sind. Diese zeitliche Steuerung ist eine einfache, aber wirksame Methode, die nicht nur die Tiere draußen schützt, sondern auch das Risiko von nächtlichen Gefahren für die Katze (z. B. Verkehr oder Revierkämpfe) verringern kann.
3. Ernährung optimieren: fleischbasiert und getreidefrei
Die Ernährung einer Katze hat weit mehr Einfluss auf ihr Verhalten, als viele vermuten würden. Eine Studie ergab, dass Katzen, die mit fleischlastigem und getreidefreiem Futter gefüttert wurden, bis zu ein Drittel weniger Beutetiere nach Hause brachten. Die Erklärung dafür liegt möglicherweise im Nährstoffgehalt. Pflanzliche Proteine in minderwertigem Futter könnten zu einem Mangel an bestimmten Aminosäuren führen, was wiederum den Jagdtrieb anregt.
Eine artgerechte, proteinreiche Ernährung hingegen kann den Jagdinstinkt zumindest teilweise dämpfen. Wer seine Katze also hochwertig und fleischbasiert ernährt, tut nicht nur der Katze selbst etwas Gutes, sondern trägt auch aktiv dazu bei, die Zahl der getöteten Wildtiere zu senken. Zudem bleibt die Katze so satter und zufriedener, was das Streunen aus Langeweile oder Nahrungssuche reduziert.
4. Spielerische Auslastung gegen Jagdlangeweile
Viele Katzen jagen, weil sie nicht ausgelastet sind. Gerade Wohnungskatzen oder Tiere mit wenig Beschäftigung entwickeln häufig einen übermäßigen Spieltrieb, den sie draußen durch das Jagen von Wildtieren ausleben. Doch dieser Drang lässt sich auch anderweitig stillen, durch gezieltes Spielen.
Fünf bis zehn Minuten täglich mit einem Spielzeug, das das Verhalten von Beutetieren imitiert (z. B. raschelnde Stoffmäuse, Federn an einer Schnur, Laserpointer), genügen oft schon, um den Jagdtrieb zu reduzieren. Ergänzend können Clickertraining, Agility-Parcours oder Intelligenzspiele helfen, die Katze mental und körperlich zu fordern. Dies stärkt nicht nur die Mensch-Tier-Bindung, sondern verringert auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Katze draußen auf Jagd geht – einfach, weil sie sich bereits ausgelastet fühlt.
5. Den Garten naturnah und vogelfreundlich gestalten
Auch im eigenen Garten kann man viel dafür tun, Wildtiere zu schützen – und gleichzeitig der Katze ein interessantes, aber harmloses Revier bieten. Eine naturnahe Gartengestaltung mit heimischen Sträuchern, dichten Hecken und dornigen Pflanzen wie Wildrosen schafft sichere Rückzugsorte für Vögel und Kleinsäuger. Diese Pflanzen verhindern, dass Katzen leicht an Nester oder Ruheplätze gelangen.
Bäume lassen sich mit speziellen Manschettenringen versehen, die verhindern, dass Katzen hinaufklettern. Ein strukturreicher Garten mit abwechslungsreichen Höhen, Verstecken und Duftpflanzen regt die Sinne der Katze an – ohne dass sie zur Jägerin werden muss. So profitieren Mensch, Tier und Natur gleichermaßen von einem ausgewogenen Lebensraum.
Fazit: Verantwortungsvoll handeln für unsere Tiere und die Natur
Ob Katze oder Mensch – unser Verhalten hat direkte Auswirkungen auf die Natur. Doch anstatt resigniert auf die Probleme zu blicken, können wir aktiv Verantwortung übernehmen. Katzenhalter haben viele Möglichkeiten, das Jagdverhalten ihrer Tiere zu lenken, ohne ihnen ihre Freiheit zu nehmen. Mit einfachen Maßnahmen wie Glöckchenhalsbändern, gezieltem Freigang, artgerechter Ernährung und täglichem Spiel lassen sich viele Wildtiere schützen.
Am Ende gilt: Mit kleinen Veränderungen im Alltag können wir Großes bewirken – für mehr Artenvielfalt, ein gesünderes Ökosystem und ein respektvolles Zusammenleben von Mensch, Haustier und Natur.